PERSONAL: BRAVE
12:37:00
"Two roads diverged in a wood, and I—
Robert Frost
Als ich nach dem Abitur Studium und Ausbildung, Studium und Ausbildung sein ließ und lieber arbeitete um mir drei Monate Südamerika und Urlaub in Asien erlauben zu können, fragten mich viele Leute wieso. Ich habe mein Abitur gut bestanden, ich hatte neben der Schule immer gejobbt, auch damals schon als Journalistin. Dieses Fundament wollte ich doch nicht etwa durch ein Jahr reisen untergraben, ein Jahr lang nichts tun!
Als ich dann meine Unibewerbung nicht in Deutschland, sondern in Schweden einreichte, gab es wieder viele Fragen. Muss man seinen Bachelor jetzt in Schweden machen? Das wird doch wirklich schrecklich sein im Winter. Woher willst du das Geld denn nehmen? Von den Annahmen, dass ich ja sicherlich ein Stipendium hatte, bis zu gerümpften Nachbarnasen war auch dieses Mal alles dabei.
Ich habe mich entschieden und das schon relativ früh, dass ich in meinem Leben das machen will, dass mich glücklich macht. Und auch wenn viele Leute das denken, das war und ist nicht der einfache Weg. Ich hätte drei mal weniger dumme Sprüche und hoch gezogene Augenbrauen über mich ergehen lassen, hätte ich damals nach dem Abi an einer Uni in der Nähe eingeschrieben und etwas "solides" studiert hätte. Dieses Jahr Pause war nicht einfach ein Jahr lang nichts tun. Es waren für mich bis heute die wichtigsten Erfahrungen, die ich je sammeln durfte. Ich war innerhalb dieser Monate wirklich himmelhochjauchzend glücklich und das jeden einzelnen Tag.
Aber nur weil ich finde, dass allein das es wert war ein Jahr mit dem Studium zu warten, sehen das viele Leute natürlich nicht so. Also muss ich mich heute noch für Dinge rechtfertigen, die mich einfach erfüllen. Ich muss erklären, dass ich Spanisch gelernt habe und selbstständig geworden bin. Ich muss vorzeigen, wie sozial meine Arbeit auf einem Hof in Chile war und wie hart, wenn es eigentlich einfach ein Riesenspaß war mit Kindern und Pferden zu arbeiten. Ich muss alle diese wundervollen Erinnerungen irgendwie in den Schuhkarton Lebenslauf zwängen.
Seit zwei Jahren rechtfertige ich mich andauernd. Genauso wie ich mich nun wieder erklären muss, weil ich ein Praktikum mache, weil ich nach England gehe. Ich werde als sprunghaft abgestempelt und als irrational, während ich seit ich 15 Jahre alt bin daran arbeite vom Schreiben leben zu können, Erfahrungen zu sammeln und mich selbst ständig heraus zu fordern.
Vom lächerlich machen über diese Pläne, bis zu gemeinen Kommentare liegen auf dieser etwas weniger begangenen Straße riesige Steine, die ich zur Seite räumen muss. Oft werden die Opfer die ich bringe, wie zum Beispiel aufgrund der hohen Preise in Schweden eigentlich nie shoppen zu gehen oder in den Urlaub zu fahren, oder dass ich nun wieder den ganzen Sommer arbeiten werde, statt große Reisen zu machen einfach übersehen.
Die Tatsache, dass ich trotz Beziehung jedes Mal meinen Weg gewählt habe und die Tatsache, dass das bis jetzt immer in einer Trennung resultierte, wird ständig diskutiert. Wenn ich aus Schweden nach hause komme, geht es oft nicht darum was ich gelernt habe, sondern wieso ich noch immer keinen neuen schwedischen Freund habe. Dass ich mich damit abgefunden habe, dass eigentlich kein Mann es mitmacht, dass ich jedes halbe Jahr bis Jahr irgendwo anders lebe, mag für mich okay sein, aber für alle anderen ist es anscheinend ein weiterer Grund mich in Frage zu stellen.
Meine eigene Angst und die Panik, die mich vor jeder Veränderung erfasst, weil sie dazu gehört und nicht weil ich das falsche tue, erwähne ich gar nicht mal mehr. Dass Leute so tun, als wäre das alles ja ganz einfach oder ich einfach nur unverantwortlich, weil ich so handle, sehe ich mittlerweile, als das was es ist: Unmut darüber selbst nicht wirklich seinen Träumen zu folgen.
Es tut mir jedes Mal wieder weh. Es ist jedes Mal wieder schwer. Aber ich mache das, was ich tue nicht für andere. Ich mache es für mich. Weil es das ist, was mich persönlich glücklich macht und weil ich nicht bereit bin dieses Glück aufzugeben.
Ich kämpfe gegen meine eigene Angst, meine eigene Bequemlichkeit, meine eigenes Heimweh. Und zusätzlich gegen den Unmut gegen meine Entscheidungen von allen Seiten. Bald ist wieder ein Umbruchsmoment und ich gehe zurück nach Deutschland. Meine Schutzhülle ist zurzeit furchtbar dünn. Ich werde mir wieder einiges anhören dürfen. Und gerade frage ich mich wieder, ob nicht die andere Straße besser geeignet ist.
Aber dann denke ich daran, wie viel schlimmer, wie viel schwerer der ständige Kampf gegen die eigene Unzufriedenheit, das Gefühl Chancen ungenutzt zu lassen sein muss. Dann merke ich es war die richtige Straße. Und jeden Stein, den ich aus dem Weg räume um sie gehen zu können, hilft mir am Ende aus meinem Luftschloss ein wirkliches Haus zu bauen. Und diese Mauern werde ich nicht einreißen lassen.
3 Kommentare
Was für ein guter Text!! Ich stimme dir ausnahmslos zu! Ich glaube, du hast alles ganz genau richtig gemacht und aus den meisten Menschen spricht einfach nur der Neid und der Gram über die eigene Unfähigkeit, genau das zu tun, was sie glücklich macht. Ich habe in den letzten 4 Jahren in 3 Ländern an 4 Orten gelebt und es hat seine guten und schlechten Seiten. Es ist zu kurz, um irgendwo anzukommen, aber toll, Abwechslung zu haben und viel zu erleben. Als ich von meinem Auslandssemester in Spanien zurückkam, konnte ich mir dauernd anhören, ich würde ja nur urlauben statt zu studieren. Dass ich dort mehr für die Uni machen musste als jemals in Deutschland, wollte keiner glauben. Auch 1x die Woche Vorlesung in Schweden heißt natürlich automatisch, dass man nix tut. Dass nebenbei Bücher gelesen und zig Hausarbeiten geschrieben werden müssen, hat nichts zu bedeuten.
AntwortenLöschenAber ich kann mich nicht beschweren, von meinem engsten Umkreis bekomme ich keine Vorwürfe, sondern eher Bewunderung und Stolz entgegengebracht...
Mach jedenfalls einfach weiter so wie bisher, solange es dich glücklich macht!! Was die Beziehungen angeht, bin ich da wohl anders veranlagt, denn seit ich in Schweden meinen Freund kennengelernt hab (aber kein Schwede^^), will ich eigentlich nicht mehr allzu weit weg von ihm. Wir sind beide manchmal erschrocken darüber, wie sehr wir unsere Zukunft nacheinander ausrichten und dass wir sicher andere Entscheidungen treffen würden, wären wir nicht zusammen. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden und es so zu machen wie du, ist sicherlich besser, als hinterher zu bereuen, weil man etwas verpasst hat.
Gegen meine Bequemlichkeit kämpfe ich auch dauernd. Diesen Sommer werde ich zum ersten Mal weit verreisen (Bali, Lombok und die Gilis übrigens :)) und ich schwanke zwischen riesiger Vorfreude und Angst vor den Schwierigkeiten. Typisch deutsch mache ich mir Sorgen wegen jeder Kleinigkeit, dabei weiß ich ganz genau, dass es schon alles irgendwie gehen wird und die Reise ganz toll wird.
Jetzt hab ich hier einen ganz schön langen, wirren Text verfasst :D Was ich eigentlich nur sagen wollte ist, dass ich deinen Lebensweg sehr bewundernswert und gut finde! Ich lese immer wieder gerne von dir!
Gehts denn nach dem Praktikum und Auslandssemester eigentlich nicht nochmal zurück nach Malmö?
Liebe Grüße aus Offenbach, der hässlichsten Stadt Deutschlands, der ich ZUM GLÜCK in einer Woche den Rücken kehren kann.
Ich finde es SO toll, dass du deinen weg gehst. kann mir kaum vorstellen, dass du dafür bekrittelt wirst - du legst doch eine absolute (globale) bilderbuch-'karriere' hin! ich fühl mich hingegen total klein und unbedeutend, weil ich das alles nicht mache, obwohl's eigentlich immer so geplant war. letztlich fehlt mir doch wieder der mut.. lass dich nicht unterkriegen - du machst alles richtig! xo j.
AntwortenLöschenIch finde deinen Mut, alleine diese Reisen anzutreten, einfach nur bewundernswert und stark! Ich wünsche mir wirklich, ich wäre etwas mehr wie Du. Mutig, spontan und bereit meine Träume zu leben.
AntwortenLöschenGeh deinen Weg weiter, so wie du bist. Er ist wunderbar und bereichernd.
Thanks so much for your lovely comments, constructive criticism and suggestions. I will try to answer all of you!