DIARY: WEEK 20
20:13:00
Vor einigen Monaten habe ich das erste Mal die Abkürzung FOMO (Fear of Missing Out) gehört und hatte damit endlich einen passenden Begriff für dieses belastende Gefühl an einem Samstagabend auf dem Sofa gerade die Party seines Lebens zu verpassen.
Schlimmer gemacht wird das ganze nur noch durch die leicht unkoordinierten Snapchats von Freunden, oder dem Instagram-Feed der plötzlich voller herausgemachter Girlies mit Drinks in der Hand nur so strotzt, während man gerade versucht die Herkunft des seltsamen Flecks auf seiner Lieblingsjogginghose zu ergründen. Wenn es um die Wochenends- und generelle Lebensgestaltung geht, schlagen zwei Herzen ach in meiner Brust um es mal ganz klassisch mit Goethe zu sagen. Einerseits ist da mein riesiges Verlangen danach mein Sofa so weit es geht überhaupt nicht zu verlassen und im Idealfall außer meiner Katze und eventuell durch den Türspalt einen Essenslieferanten kein lebendes Wesen zu sehen, andererseits liebt ein Teil von mir natürlich gemeinsames Kochen mit Freunden, durchtanzte Nächte und lange Gespräche. Nur wer genau da so überwiegt weiß ich meist gar nicht so genau. Und so fühle ich mich an Abenden an denen ich mit raffiniert erdachten Ausreden gerade das soziale Event gecancelt habe, um halb elf plötzlich furchtbar einsam und will nichts lieber als feiern und anders herum stehe ich auf vielen Partys auf die ich mich wochenlang gefreut habe herum, halte mein Getränk ganz fest und wünschte es wäre die Fernbedienung.
Natürlich kommt zu dieser zerrissenen Gefühlswelt für mich noch der räumliche Faktor erschwerend hinzu. Immer und zwar wirklich immer, wenn ich aus Malmö gen Heimat fahre, findet auf einmal die Party des Jahres statt, bin ich dann zurück feiert in Deutschland meine beste Freundin Einweihung und nachdem ich wochenlang die tollen Events in der Studentenstadt des Herzmanns beneidet habe, ist sobald ich da bin tote Hose.
Und als wäre all dieser Stress noch nicht genug kommt zu diesem Cocktail dann auch noch die Ansprüche, die wir oder auch oft andere an uns stellen, sowie unerreichbare Wunschvorstellungen. Das letzte Wochenende war ich zurück in meiner Erasmus-Heimat Brighton und wurde vor lauter Vermissen meiner britischen Lieblingsstadt am Meer ganz melancholisch. Hatte ich meine fünf Monate hier genug genutzt? Hätte ich nicht noch mehr durch die Stadt streifen müssen, noch mehr probieren? Hätte ich nicht mehr Clubs austesten sollen, mehr feiern gehen sollen? War ich für das magische Erasmus Semester nicht erschreckend wenig aus gewesen?
Und diese Angst nicht alles auszunutzen, erreicht nicht nur Reisen oder Austausche, sondern meinen Alltag. Gerade kurz vor dem Ende meines Bachelors frage ich mich habe ich meine Studentenzeit wirklich voll ausgekostet? Natürlich stehen noch zwei Jahre Masterstudium vor mir, doch war ich als Ersti wirklich so oft erst im Morgengrauen zuhause, wie angepriesen, habe ich genug lebenslange Freundschaften geschlossen, genug Nudeln mit Pesto gegessen?
Die Angst etwas zu verpassen ist einerseits ein Segen schließlich regt sie uns an öfter mal die Couch zu verlassen, öfter Chancen zu ergreifen. Aber wenn man nur noch grübelt ob man denn jetzt endlich genug Spaß hatte, kommt der Spaß meist viel zu kurz. Ich habe meine Bachelorzeit und mein Austauschsemester sehr genossen, genau so wie ich das konnte. Ob ich damit in die Liste der erfolgreichsten Studenten komme, weiß ich natürlich nicht, ob mein Erasmus das feuchtfröhlichste war auch nicht, aber ich weiß ich war meistens glücklich und ich liebe ein wenig Zeit alleine zu sehr um jedes Wochenende nur unter Menschen zu sein, sorry Leute. Wenn wir uns und unsere Erfahrungen mit anderen vergleichen, vergessen wir allzu oft dass niemand von den Abenden erzählt an denen er alleine zuhause war und Chinesisch bestellt hat, oder die Party um eins verlassen hat, weil die Menschen dort einfach zum kotzen war. Wir teilen meist nur die Highlights, kein Wunder also dass die Erfahrungen anderer oft ein wenig glamouröser wirken, als unsere Erinnerungen schließlich kennen wir auch die eigenen Downs. Deswegen also auf mehr Couch Abende, wenn ihr das wollt und auf mehr Champagnerkorken knallen, wenn ihr dazu mehr Lust habt. Auf mehr Selbstbestimmung und weniger Vergleichen und FOMO nicht nur am Wochenende, sondern so ganz allgemein.
Gehört: One Dance-Drake, Can´t Stop the Feeling-Justin Timberlake und Gold-Kiiara. Bei gutem Wetter brauche ich einfach gute Laune Musik.
Gelaufen: Beinahe 30 Kilometer in zwei Tagen London und wieder mal gestaunt bei jedem Schritt.
Gelesen: Fahrenheit 451, ein absolut geniales Buch, dass ich jedem Fan von 1984 und jedem Bücherwurm wärmstens empfehlen kann, nur der Fakt dass ich um fünf Uhr morgens aufgestanden bin, hielt mich davon ab es an einem Tag bis spät in die Nacht zu verschlangen.
Gegessen: Unglaublich viel. Im Englandurlaub wurden die durch Bachelor Stress schon sehr gelockerten Zügel vollauf losgelassen und es gab vom Full English Breakfast über indische All You Can Eat Buffets bis hin zu Brownies alles, was das Herz begehrte. Deswegen ist jetzt erst einmal Detox angesagt.
Gefühlt: Große Erleichterung und Freude über die Abgabe der Bachelor Arbeit. Und dann plötzlich eine ziemliche Leere, weil das große Thema der ersten Jahreshälfte beinahe abgehakt ist.
It was only a few months ago, when I first heard about FOMO (Fear of Missing Out) and I finally found the description for that nagging feeling, of missing the party of your life, when spending a Saturday night on the couch.
Obviously detailed Snapchat stories of all of your friends having a blast and an Instagram feed filled with dolled up girls sipping bubbly, while you try to determine where that yellowish spot on your favourite pajama pants came from does not necessarily help. Whether it´s about planning the weekend or life in general I have to very conflicting passions in my heart. On the one hand I love nothing more than some quality time by myself on the couch, ideally only seeing my cat or the delivery guy through to door crack for an entire weekend, on the other hand I thoroughly enjoy cooking with friends, dancing the night away or talking for hours. And so everytime I carefully manouvered myself out of plans with friends with some obscure excuse I fell incredibly lonely on the couch around 10.30, while many times when I am at an event I have been looking forward to for months I can´t think of anything nicer than finally being home and getting to put on my onesie.
My FOMO is only increased by spatial seperation, meaning that as soon as I leave Malmö for home someone holds the party of the year, the day after I return my best friend celebrated her new flat and after admiring all the events in my boyfriend´s student city once I get there it is literally dead.
And if all of that wasn´t enough to stress me out societal pressure and comparison only make this nagging feeling of not living your life to the fullest even worse. Last weekend I went back to Brighton, where I studied abroad for a semester last year. Not only missing this wonderful quirky British town so incredibly much made me melancholic, but all of a sudden I also wondered if I had made the most of my five months there. Shouldn´t I have gone out more? Should have tried more cafés and restaurants, test out more clubs? Did I really enjoy study abroad to the fullest?
And this FOMO does not only apply to special occasions like weekends or exchanges, but my daily life as well. Especially now that I am almost finished with my Bachelors I wonder if I really had the promised student life. I will obviously have an additional two years for my Master, but aren´t you supposed to go all out in the beginning?
Being afraid of missing out on life is obviously a good thing, as it always keeps you hungry for more, gets you off of the couch and keeps you going. But if you are constantly worrying if you had enough fun, is there still space for it? I really enjoyed my studies, I loved studying abroad in Brighton. If I had the best time possible I truly don´t know, but I know most of the time I really was happy and I know with my at times introverted personality I could not have handled going out every weekend. Especially when we compare our experiences to other we are quick to forget that no one tells about the nights they stayed home and had Chinese or left a party at twelve, because the people there sucked. Most people only share highlights, which thus makes our experiences seem less glamorous, because we also know the boring bits. So here´s to more evenings on the couch if you feel like it and to popping more bottles, when you want that. To more decisions based on what you want and less comparison and FOMO. Not only on weekends, but everyday.
Listened to: One Dance-Drake, Can´t stop the Feeling-Justin Timberlake and Gold-Kiiara. With this great weather I am back on the happy music train.
Walked: Almost 30 km around London and loving every corner.
Read: Fahrenheit 451, an incredible book that I can wholeheartedly recommend to anyone who liked 1984 and every single bookworm out there. I only couldn´t finish it in one go, because I woke up at 5 am and simply fell asleep while reading.
Ate: Way too much! My already bad eating habits due to Bachelor stress, completely went overboard in England where I ate my way through every Fry Up, Brownie and Indian buffet I could find. So now I am detoxing.
Felt: Huge relief and happiness about finally handing in my thesis and a big emptiness shortly after, when I realised that the big task of the first few months of 2016 is almost dealt with.
Spring has been missing this year, but we went straight to summer sunsets, park visits and iced coffe and picknick by the beach so I am not complaining
My backyard is acutally quite okay if you think about it
I finally got back to my beloved England and visited my two absolute favourites: London and Brighton
I also finally handed in my fucking thesis! And immediately killed of all of my brain cells by drinking heavily
Coming back to Brighton was absolutely wonderful both emotionally and foodwise, now being back in Germany it´s back to a healthier diets and rooftops. Also fine with me.
2 Kommentare
Das Gefühl etwas verpasst zu haben, hatte ich jetzt noch nicht so. Einfach, weil ich es ok finde mal auf der Couch zu sitzen, während die anderen feiern - so what?! Ich muss halt nicht auf jeder Party tanzen, um dann sagen zu können, ich habe alles mitgenommen. Genau wie du es sagst, ist es richtig - am Ende ist es am wichtigsten, ob man sich glücklich fühlt und verdammt ja, dann hat man alles richtig gemacht! Was bringt es auf beispielsweise jeder noch so fancy Party gewesen zu sein, wenn man sich die ganze Zeit eher deplatziert gefühlt hat. Dann war man zwar dabei, aber nicht gerade glücklich. Die gesunde Mitte finden, die akzeptieren und dann ist doch alles prima.
AntwortenLöschenAber ich kenne dieses melancholische Gefühl, wenn sich der Bachelor dem Ende neigt. Bei mir waren es 3 1/2 Jahre und ich frage mich noch heute, wo verdammt noch mal die Zeit geblieben ist. Aber so ist das nun einmal mit den schönen Dingen im Leben - die vergehen einfach viel zu schnell! Ich kann auch momentan noch gar nicht so richtig glauben, dass ich nächstes Jahr genau um die Zeit schon an meiner Masterarbeit schreiben werde und dann sich wirklich alles dem Ende neigt...ach, die verdammte Zeit! :D
Liebe Grüße, Chrissie!
Wow, was für ein wunderschöner Wochenrückblick! <3
AntwortenLöschenFOMO habe ich auch total oft und hasse dieses Gefühl.. das hast du wirklich sehr schön beschrieben. Aber auch deine anderen Gedanken dazu kann ich total unterschreiben - ich frage mich auch, ob ich mein Auslandssemester wirklich voll ausgekostet habe und ja, auch generell die Studentenzeit. Auch wenn ich noch mindestens ein Jahr vor mir habe - die Zeit rast ja wirklich nur so dahin.
Es freut mich so, dass du in London und Brighton eine tolle Zeit hattest!!
Und Glückwunsch nochmal zur Abgabe deiner Bachelorarbeit <3 Deine Leere danach kann ich aber auch nachvollziehen. Aber das geht bestimmt bald vorbei! :)
Küsschen <3
Alissa
www.alissaloves.de
Thanks so much for your lovely comments, constructive criticism and suggestions. I will try to answer all of you!